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AFS-Bericht
Neun­ter AFS-Be­richt zur Fi­nanz­sta­bi­li­tät an den Bun­des­tag

Der Ausschuss für Finanzstabilität (AFS) hat seinen neunten Bericht an den Deutschen Bundestag vorgelegt. Im Berichtszeitraum vom 1. April 2021 bis 31. März 2022 befasste sich der AFS insbesondere mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie, den vom Immobilienmarkt ausgehenden Risiken und mit der Aktivierung makroprudenzieller Maßnahmen, um den gestiegenen Verwundbarkeiten im deutschen Finanzsystem präventiv entgegenzuwirken. Zuletzt standen die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine auf die Finanzstabilität in Deutschland im Vordergrund.

Mit dem russischen Angriff nahm die Unsicherheit an den Finanzmärkten sprunghaft zu. Weltweit kam es zu einer Neubewertung von Risiken und zu einer erheblichen Umschichtung von risikobehafteten Anlagen in als sicher eingeschätzte Vermögenswerte wie Staatsanleihen. Die teils deutlichen Finanzmarktreaktionen verliefen in den westlichen Ländern überwiegend geordnet. Zu gravierenden Funktionsstörungen im deutschen Finanzsystem ist es bislang nicht gekommen.

Die direkten Auswirkungen des Krieges sind für das deutsche Finanzsystem insgesamt verkraftbar, die direkten Forderungen deutscher Finanzintermediäre gegenüber Schuldnern in Russland, der Ukraine und Belarus sind in der Summe gering. Im Zuge des Krieges hat sich das makroökonomische Umfeld jedoch eingetrübt. So nahm die Inflation deutlich zu; gleichzeitig verschlechterten sich die Wachstumsaussichten. Der AFS wird die Auswirkungen des Krieges weiter analysieren und bewerten. Risiken für die Finanzstabilität dürften besonders dann bestehen, wenn eine ungünstige realwirtschaftliche Entwicklung und ein abrupter Zinsanstieg zusammentreffen sollten.

Der Ausschuss stellte im Übrigen fest, dass im Berichtszeitraum pandemiebedingte Risiken im deutschen Finanzsystem abnahmen, sich aber zuvor bereits bestehende Verwundbarkeiten weiter aufbauten. So erhöhten sich Zinsänderungsrisiken ebenso wie das Risiko einer Unterschätzung von Kreditrisiken und einer Überbewertung von Vermögenswerten, insbesondere von Wohnimmobilien.

Der Ausschuss begrüßte vor dem Hintergrund der verschärften Risikolage das im Januar 2022 vorgestellte makroprudenzielle Maßnahmenpaket der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Das Ziel der Maßnahmen ist es, die Widerstandsfähigkeit des deutschen Finanzsystems präventiv und zielgenau zu stärken. Die BaFin erhöhte den antizyklischen Kapitalpuffer auf 0,75 Prozent der inländischen Risikopositionen und setzte ergänzend einen sektoralen Systemrisikopuffer in Höhe von 2 Prozent auf mit Wohnimmobilien besicherte Risikopositionen fest. Zudem mahnte die Aufsicht die Kreditgeber, bei der Vergabe von Wohnimmobiliendarlehen besonders umsichtig zu sein und konservative Standards anzuwenden. Die zusätzlichen Anforderungen können von den Banken fast vollständig aus bestehendem Überschusskapital erfüllt werden.

Der AFS erachtet das Maßnahmenpaket im aktuellen makrofinanziellen Umfeld weiterhin als angemessen und wird die Entwicklung weiter beobachten und bewerten. Bei Bedarf kann der AFS empfehlen, die Maßnahmen flexibel einer veränderten Risikolage anzupassen. Deutsche Bundesbank und BaFin prüfen zudem fortlaufend, ob weitere Maßnahmen ergriffen werden müssen, beispielsweise eine Begrenzung der Darlehensvolumen-Immobilienwert-Relation (Loan-to-Value-Ratio, LTV).

Der AFS diskutierte im Berichtszeitraum unter anderem mögliche Auswirkungen von Klima- und Cyberrisiken auf die Finanzstabilität. Letztere gewannen durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine weiter an Relevanz.